Klassische Homöopathie - Theorie

CHRONISCHE, MIASMATISCHE BEHANDLUNG

"Kann man den Typ behandeln?"

Der Begriff Kontitution aus dem Lateinischen constitutio (Zusammensetzung, Anordnung) kommend, sehe ich auf die genetisch bedingte körperliche und geistige Struktur bezogen. Diese hat nichts mit dem Begriff Symtpom gemeinsam, ist natürlich auch bei einem völlig gesunden Menschen erkennbar und wird sich auch nicht unter einer Behandlung verändern. Konstitution ist das, was viele als das zu behandelnde sehen, Konstitutionsbehandlung das Schlagwort, das zeigen soll, dass nicht nur oberflächlich behandelt wird. Diese Begriffsgebung einmal in Ruhe überdacht kommen wir auf eine Modeerscheinung früherer Jahrhunderte, die Menschen in bestimmte Konstitutionstypen einzuteilen. Auch die klassischen Homöopathen damaliger Tage konnten sich dieser Tendenz scheinbar nicht ganz entziehen und eine Klärung dieses Umstandes hat bis heute nicht wirklich stattgefunden, so dass auch heute noch viele Homöopathen dieser Richtung folgen. Darum auch die verbreitete Verordnung aufgrund sogenannter Arzneimittel-Typen, was den Versuch darstellt, einen Konstitutionstypen aus dem Arzneimittel zu erkennen und es zu verordnen, wenn sich entsprechende Merkmale beim Patienten finden. Schon der Begriff Merkmal zeigt, dass es sich NICHT um ein Symptom handelt und damit eigentlich nicht verwertet werden dürfte.

Bereits im dritten Absatz seines Organon weist Hahnemann eindeutig darauf hin:

"Sieht der Arzt deutlich ein, was an Krankheiten, das ist, was an jedem einzelnen Krankheitsfalle insbesondere zu heilen ist (Krankheits-Erkenntniß, Indication), sieht er deutlich ein, was an den Arzneien, das ist, an jeder Arznei insbesondere, das Heilende ist (Kenntniß der Arzneikräfte), und weiß er nach deutlichen Gründen das Heilende der Arzneien dem was er an dem Kranken unbezweifelt Krankhaftes erkannt hat, so anzupassen, daß Genesung erfolgen muß, anzupassen sowohl in Hinsicht der Angemessenheit der für den Fall nach ihrer Wirkungsart geeignetsten Arznei (Wahl des Heilmittels, Indicat), als auch in Hinsicht der genau erforderlichen Zubereitung und Menge derselben (rechte Gabe) und der gehörigen Wiederholungszeit der Gabe: -- kennt er endlich die Hindernisse der Genesung in jedem Falle und weiß sie hinwegzuräumen, damit die Herstellung von Dauer sei: so versteht er zweckmäßig und gründlich zu handeln und ist ein ächter Heilkünstler."
(Organon der Heilkunst, S. Hahnemann, 6. Auflage)

Eine entscheidene Aussage in diesem Grundlagenwerk zur Homöopathie.
Hahnemann präzisiert hier den Begriff Krankheit und weist

  • auf die Erkenntnis, was es an der Krankheit zu heilen gilt - entspricht den Symptomen,
  • einer dazu angemenssenen Arzneigabe, über deren Wirkungsart sich der Behandler im Klaren sein muss und
  • die Hindernissen, die es für eine Genesung aus dem Weg zu räumen gilt, hin.
  • Arzneimittel-Bilder wurden als Zusammenfassung von Symptomen auf der Basis von Prüfungen am Gesunden zusammengetragen und häufig um klinische Erfahrungen ergänzt.Was im Sinne von Konstitution in die Arzneimittel-Bilder hineininterpretiert wurde und wird, entspricht nicht dem Kriterium eines Symptoms, denn diese sehe ich für den Bereich schwerer psychiatrischer und überdeutlich betonter psychischer Symptome vorbehalten. Die chronisch-miasmatische Behandlung, wie Hahnemann sie forderte, orientiert sich in keiner Weise an solchen Typen-Einteilungen. Schlussendlich ändert sich unter einer treffenden Verordnung nicht der Typ des Patienten, sehr wohl aber seine Symptome, was dann die Basis für eine hoffentlich ebenso treffende Folgeverordnung bietet.

    Nach dieser ausführlicheren, aber doch sehr wichtigen Erklärung zum Begriff der Konstitution möchte ich aber nun doch auf das Hauptthema dieser Seiter, zur chronischen Behandlung kommen.


    Die chronische Anamnese

    Die Fallerhebung für eine chronisch-miasmatischen Behandlung erfordert viel Zeit, sowohl das Gespräch mit dem Patienten, das bis zu drei Stunden dauern kann, als auch die anschließende Aufbereitung des Falles. Hierbei werden in einer Erstanamnese alle momentanen Symptome und Zeichen des Patienten sorgfältig erfasst. Dies sind sowohl die vom Patienten beschriebenen Symptome, die durch Dritte eingeholten Informationen, als auch Beobachtungen während der Erstanamnese und der körperlichen Untersuchung. Zudem werden möglichst sämtliche Erkrankungen seit der Geburt erfasst – Impfungen, die gesamte vorgeburtliche Zeit und auch die Erkrankungen, an denen schon Eltern und deren Vorfahren litten, soweit sich das nachvollziehen lässt. Abgerundet wird dies von mir durch die Elektroakupunktur, die als Ergebnis eine energetische Diagnostik über die Messung von Meridianen und sog. Voll'sche Gefäße ermöglicht. Hierdurch werden auch verschiedene Belastungen abgeklärt, die Blockaden in der Behandlung sein können.

    Der anfängliche Aufwand, die für eine Behandlung notwendigen Symptome und Zeichen zu erfassen, zu ordnen und das entsprechende Arzneimittel zu suchen, bietet die Möglichkeit, den Patienten auf den Weg zu dauerhafter Gesundheit zu bringen. Eine chronische Behandlung kann durchaus längere Zeit dauern, doch ist das Ziel, schwere und gefährliche Krankheiten möglichst zu vermeiden auch nicht auf die Schnelle zur erreichen. Diesen Wegen nicht konsequent verfolgt käme es häufig nur zu Unterdrückungen, die solche Entwicklungen nicht aufhalten können. Wäre die akute Behandlung - ob Homöopathie oder Schulmedizin - dazu in der Lage, würde die Menschheit ja immer gesünder. Das Gegenteil ist der Fall; schwere Krankheiten nehmen zu, junge Menschen sterben frühzeitig an Leiden, die in dieser Form vor 50 Jahren bei weitem nicht so häufig auftraten.

    Eine chronische Behandlung, wie ich sie verstehe, muss – wie zuvor beschrieben – immer darauf abzielen, die Miasmen, die die Lebenskraft störend beeinflussen, zu beseitigen, ohne unterdrückend zu wirken. Hahnemann erwartete von einem Homöopathen, dass er Patienten heilt. Unterdrückung führt aber ganz im Gegensatz zu einer unerwünschten Beschleunigung der miasmatischen Wirkungen auf die Lebenskraft, womit der Patient auf Dauer eher kränker wird, als er dies möglicherweise sonst geworden wäre. In die gewünschte Richtung verlaufend wird eine zunehmende Stabilisierung des Gesundheitszustandes zu beobachten sein. Die Zeit, die hierzu nötig ist, kann aber sehr verschieden sein, je nachdem, welche Krankheit schon durchlebt wurde, wie tief die Miasmatik verankert ist u.v.m. Die Heilung ist somit eher mit einem Weg zu vergleichen, auf den der Körper gebracht wird und jeder Weg braucht auch seine Zeit.


    "Der Fehler liegt in der Eile." (China)


    Vergehen Symptome in der chronischen Behandlung sehr schnell, wird für mich meist klar, dass die Gefahr einer Unterdrückung hier sehr groß ist. Solche Arzneimittel gebe ich nur dann weiter, wenn ich ihnen zutrauen kann, den Zustand miasmatisch und auch klinisch zu erfassen, und ich in der kommenden Zeit keine negativen Veränderungen beobachte. D.h., es dürfen keine Zustände auftreten, die der Patient weder kennt, noch früher erlebte. Symptome dürfen sich in keinen zentraleren Bereichen zeigen, denn wenn die anfänglichen Hauterscheinungen vergehen, der Patient statt dessen aber depressiv wird, dann läuft die Behandlung mit großer Sicherheit in die falsche Richtung. Es muss sogar der vorherige Hautausschlag wieder erscheinen, wenn dem Patienten jetzt noch geholfen werden soll. Viele weitere Beispiele könnten hierzu aufgezählt werden, doch sollte dies für das Verständnis der Problematik ausreichen.

    Jedes Arzneimittel hat seine Grenze

    Es ist in jedem Fall notwendig, das Miasma zu erfassen, was nicht jeder Arznei möglich ist. Aus diesem Grund muss der Behandler wissen, welches Miasma im Augenblick aktiv ist, welche Arzneien es bekanntermaßen erfassen, und wie eine Heilung unter Berücksichtigung dieses Miasmas verlaufen sollte. Im Verlauf einer chronischen Behandlung kommt es fast immer zum Auftreten von bekannten Symptomen, die der Patient schon einmal in dieser Form erlebte. Meist treten diese während der Heilung in leichterer Form auf, sind dann aber ein sicheres Zeichen, dass der Körper mit der Arznei so arbeiten kann, dass am Ende Gesundheit entsteht. Wir müssen davon ausgehen, dass eine früher durchlebte Krankheit, solange sie nicht miasmatisch geheilt wurde, potentiell immer noch in der Lebenskraft vorhanden ist. Nur, dass sie sich inzwischen weiter entwickelt haben kann und sich damit in anderer Form zeigt. Kommt es in der Behandlung zum gewünschten Verlauf, wird es zu einer Rückentwicklung dieser krankhaften Dynamik und damit zum Wiederauftreten alter Symptome kommen. Natürlich ist klar, dass es nun nicht bei der dann erreichten Situation (den alten Symptomen) bleiben kann, sondern die Heilung weiter fortschreiten muss.

    Andereseits hat nicht jedes Arzneimittel die Kraft eine schwere Symptomatik abzudecken. So hat zwar eine Mittel z. B. die Fähigkeit eine beginnende Lungenentzündung abzdecken, kann aber die schon entwickelte nicht mehr heilen. Hier muss eine mächtigere Arznei eingesetzt werden. Dieses Wissen ist es, was Hahnemann im weiter oben zitierten Organon meint, wenn er von Angemessenheit und Wirkungsart der Arznei schreibt.

    Der Behandlung-Verlauf

    Im Verlauf der homöopathischen Behandlung werden immer auch Mittelwechsel nötig sein. Veränderungen in der Symptomatik sind auch häufig Signale für nötige Korrekturen bei der Verordnung. Das muss nicht bedeuten, dass die vorherige Verordnung falsch war, aber vergleichen Sie es mit einer Wegbeschreibung von Ihrem Wohnort zu meiner Praxis. Sie werden keinen direkten Weg, der Luftlinie vergleichbar, nehmen können. Genauso braucht unsere Lebenskraft immer wieder eine neue Anweisung, was sie machen soll, wenn der Weg zur Heilung z. B. an eine Kreuzung kommt. Hier kann die alte Information nicht mehr weiter bringen, es muss eine neue, treffender gewählte Folgearzei gegeben werden. Zu diesem Zeitpunkt ist eine Standortbestimmung sinnvoll, was der Folgeanamnese entspricht. Diese nimmt aber nicht mehr dieselbe Zeit in Anspruch, wie die Erstanamense.

    Vollständige Gesundheit als Ziel

    Als langfristiges Ziel der Behandlung sehe ich den gesunden Patienten, der nur noch in seltenen Fällen eine passende Arznei benötigt, weil die Lebenskraft aus einer stabilen Harmonie wirkt, die es ihr erlaubt, alle natürlichen Einwirkungen und Schwierigkeiten ohne besondere Mühe selbst zu regeln. Jede Harmonie hat natürlich Belastungsgrenzen und extreme Störungen können hier wieder ein Ungleichgewicht bewirken. Darum ist es nötig, den eigenen Teil beizutragen, diese Harmonie auch zu erhalten, sprich Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf usw. auf eine Gesunderhaltung auszurichten.


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